Mit Holmger 12/07/20
Der Stockhorn Südgrat steht schon länger auf meiner Wunschliste, und an diesem Wochenende mit einem teilweise regnerischen Samstag, der in der Höhe Neuschnee bringt, bietet sich die Tour geradezu an. Da macht es auch nichts, den Weg durch Baltschiedertal eine Woche nach der Blanchetgrat-Tour gleich nochmals unter die Füsse zu nehmen... Diesmal aber gönnen wir uns eine Fahrerlaubnis nach Choruderri und wandern dann noch bei Nieselregen aber angenehmen Temperaturen los. Aus diversen Gründen nehmen wir es sehr gemütlich und machen mehrmals Pause. Dabei verbessert sich das Wetter zusehends und gibt häppchenweise Panorama frei.
Beim wunderschönen Moorseeli bei Hohbitzu (Punkt 2218 m) verlassen wir den mir bekannten Weg, der zu Baltschiederklause führt, in Richtung Stockhornbiwak. Steinmännchen leiten zur gut markierten Stelle, an der ein mit Kabeln, Ketten und Eisenbügel versehener Steig das Überwinden des Felsriegels erleichtert. Hier deponieren wir die Stöcke und kraxeln los. Nach knapp 200 Höhenmeter wird das Gelände wieder flacher, und auf einem Weg und über eine Geröllhalde erreichen wir kurz vor 16:00 das Stockhornbiwak.
Wie erwartet sind wir heute nicht allein, neben Bergführer Sebastian und Anja, und den Freundinnen Sandra und Denise leiten uns auch ein Vater-Sohn-Gespann aus der Westschweiz Gesellschaft. Dank dem unterdessen schön und warm gewordenen Wetter, das es erlaubt, draussen zu essen, kommen wir aber gut aneinander vorbei. Praktischerweise müssen wir auch keinen Schnee schmelzen, sondern können das Wasser aus dem Tank direkt hinter der Hütte holen. Nach einer Kürbissuppe zur Vorspeise rekognoszieren wir noch kurz den gut gekennzeichneten Weg zum Einstieg und essen dann Tomaten-Polenta mit Landjägern und Gruyère, dazu gibt es Bier aus der Biwakbar (Schlüssel beim Hotel Bahnhof in Ausserberg erhältlich) und feine Pralinen zum Dessert. Früh gehen wir zu Bett.
Da alle Seilschaften einen sehr erfahrenen Eindruck machen, befürchten wir keinen Stau und stehen so als letzte um 4:45 auf. Nach dem Frühstück gehts um 5:30 schon ohne Stirnlampe los. Was für eine Morgenstimmung! 15 min später sind wir beim (nicht so ganz klar definierten) Beginn der Kletterei und seilen uns an, wobei wir das 50 m Seil auf ca. 30 m verkürzen. Im II. bis III. Grad klettern wir simultan und wechselnd wir uns beim Vorausgehen immer wiedermal ab. Die Wegfindung ist meist einfach oder aber lässt mehrere Varianten zu, und der anfänglich etwas vegetativ durchzogene und nicht ganz stabile Fels wird immer besser. Bei einer etwas schwereren Seillänge wechseln wir auf Standplatzsicherung und gelangen so zügig auf den ersten Turm.
Wir klettern etwa 1/3 des ersten Turmes ab und seilen dann weiter bis in die Scharte ab, wobei unser 50 m Seil gerade reicht. In schöner und abwechslungsreicher Kletterei - zuletzt sehr luftig aber einfach - geht es hinauf auf den zweiten Turm. Da wir zügig vorankommen und gut in der Zeit sind, machen wir hier gemütlich Pause, auch um den vor uns kletternden Seilschaften nicht auf die Pelle zu rücken. Nach 10 m Abseilen führt eine schöne und steile Seillänge auf den dritten Turm, von welchem wir anschliessend einfach abklettern können.
Eine ca. 25 m lange Seillänge mit einer kniffligen Stelle gleich zu Beginn führt hinauf auf den vierten Turm, dessen Spitze allerdings nicht erklettert wird. Stattdessen quert man hier links in die Wand und hangelt sich an guten Griffen zu einer Abseilstelle. Wiederum reicht das 50 m Seil gerade, um die Scharte vor dem 5. und letzten Turm zu erreichen. Hier wechseln wir nun auf Kletterfinken, denn die kommenden drei Seillängen im oberen fünften Franzosengrad sehen recht feingriffig aus (und sind es auch!). Wir kommen zwar gut durch, merken aber doch, dass wir halt vorwiegend im Kalk klettern. Die neuen Bohrhaken sind hier definitiv richtig am Platz, denn legen kann man oft über weite Strecken nichts. Die Kletterei ist aber super toll, insbesondere die letzte Seillänge mit dem abschliessenden steilen aber trotzdem kaum anstrengenden Kamin!
Im II. und III. Grad klettern wir simultan weiter auf den fünften Turm und schliesslich auf den Gipfel. Was für eine Aussicht! Wir geniessen das warme Wetter und verbringen hier eine geschlagene Stunde...
Der Abstieg über den Ostgrat ist dann deutlich einfacher und weniger mühsam, als es auf den ersten Blick den Anschein macht. Auch auf die Pickel hätten wir verzichten können, denn Schneefelder müssen keine gequert werden. Der Weg, der nicht mehr wie früher wieder beim Biwak vorbeiführt, sondern dem breiter werdenden Ostgrat länger folgt, ist bestens mit Steinmännchen und später auch mit blauer Farbe markiert. Gegen Ende seilen wir zweimal ab und erreichen die Geröllhalde oberhalb des versicherten Couloirs, durch welches wir am Vortag zum Biwak aufgestiegen sind.
Unten an der Rinne angekommen, wechseln wir auf kurze Hose und ich auf die mitgetragenen Laufschuhe und geniessen es, von nun an einen guten Weg unter den Füssen zu haben. Die Beine werden allmählich müde und wir lassen uns Zeit. Kurz nach 18:00 erreichen wir das Auto. Da wir sowieso noch den Biwakbar-Schlüssel im Hotel Bahnhof in Ausserberg zurückgeben müssen, entschliessen wir uns, gleich dort auf der Sonnenterrasse zu essen. Eine gute Entscheidung und ein perfekter Ausklang einer super Tour!
Gipfel: | Stockhorn |
Route: | Südgrat/Fünf Türme |
Ausgangspunkt: | Stockhornbiwak |
Höhe: | 3211m |
Schwierigkeit: | 5c |
Material: |
8-10 Expressen (auch lange), Zackenschlingen, kleines Set Cams, 50 m Seil |