Chli Krönten – Ostgrat und Überschreitung (2910 m)

Mit Matthias                                                                                                                                                                               03/10/15

Kröntenhütte, Chli Krönten, Ostgrat, Hüttenweg
Prächtige Herbstfarben auf den Hüttenweg zur Kröntenhütte

Die Auswahl an Hochtouren für das erste Oktoberwochenende ist nicht gross: Ab 2700 Meter liegt schon viel Schnee und nur der Samstag hat eine einigermassen positive Wetterprognose - aber auch das nur im Norden, bei Föhnlage mit Schlechtwetter im Süden. Es muss also eine Eintagestour gefunden werden. Wir ziehen zuerst das Sustenhorn in Betracht, beschliessen dann aber, einen Gipfel weiter nördlich zu suchen, um so etwas weiter weg vom Schlechtwetter des Südens zu sein. So fällt die Wahl auf den Chli Krönten. Um viertel nach 4 fahren wir in Baden los über fast leere Strassen und parkieren in Erstfeld, wo wir um halb sechs mit Stirnlampe losmarschieren. Mit einer Bewilligung, erhältlich am Bahnhofskiosk, oder mit dem Alpentaxi könnte man bis Bodenberg auf 1000 m hochfahren, wir aber starten im Tal - somit warten etwa 2600 Höhenmeter auf uns… Nach einer halben Stunde zweigen wir in Sagerberg von der Strasse ab und gehen auf dem Kiessträsschen weiter, and Bodenberg vorbei und über den schönen Hüttenweg durch den Geissfad. Um sieben können wir die Stirnlampen ausschalten und die farbenfrohe Herbstlandschaft geniessen. Auch geologisch ist das Erstfeldertal interessant: Während die Felsen auf der südlichen Talseite aus Granit sind, so ist der obere Teil des Gesteins auf der nördlichen Talseite (Schlossberg und sunnige Stöck) aus Kalkstein.

Chli Krönten, Ostgrat, Steinchele
Auf gut markierten Weg die Steinchele hinauf

Um 8 kommen wir bei der Hütte an und essen etwas Parmesanwürfel, Nüsse und Energie-Guetsli. Weiter geht es auf dem bestens markierten Weg an den Päuggenstöckli vorbei die Steinchele hinauf. Was von unten mühsam aussieht, entpuppt sich als überraschend angenehm zu gehen - bis zum Firnfeld unterhalb der Steinchelenfurggi können wir einem guten Weg folgen. Allerdings macht sich der starke Föhn schon hier, wo wir noch relativ geschützt sind, bemerkbar und peitscht von Süden her Schnee über den Kamm - zum Glück haben wir uns nicht für das weiter südlich liegende Sustenhorn entschieden! Es kommen aber leise Zweifel auf, ob die Gratkletterei so machbar sein würde...

Chli Krönten, Ostgrat, Kröntenhütte, Schlossberg, Sunnige Stöck, Steichele
Blick hinunter zur Kröntenhütte und die Kalkwände von Schlossberg (links) und Sunnige Stöck (rechts)
Chli Krönten, Ostgrat, Schweiz, Tageshochtour
Gemischte Kletterei zum Einstieg des Chli Krönten Ostgrates

Über mit nassem Schnee bedeckte Felsen steigen wir zum Sattel zwischen Rot Stock und Chli Krönten auf. Von hier könnte man in ein paar Seillängen auf den eigentlichen Ostgrat klettern (mit Bohrhaken abgesichert). Das ist vor allem Ende Sommer empfehlenswert, da dann der originale Einstieg zwischen Sunnig und Chli Krönten blank und dem Steinschlag ausgesetzt ist. Für uns empfiehlt sich diese Variante heute allerdings weniger, da in der Nordwand viel Schnee liegt. So steigen wir in der Westflanke etwas ab und queren diese mit Steigeisen und Pickel. Dank Neuschnee geht das ganz gut, auch wenn etwas ungesicherte Mixedkletterei in Schnee, Eis und Schutt auf uns wartet. Dies führt uns dann zum Einstieg des Ostgrates, wo uns ein kräftiger Wind entgegenschlägt.

Chli Krönten, Ostgrat, Schweiz, Tageshochtour
Kletterei am Chli Krönten Ostgrat bei viel Wind

Der Wind ist aber nicht ganz so stark wie befürchtet und wir haben genügend warme Kleider dabei, so klettern wir los. Der Fels ist meist stabil, es wechseln sich Gehgelände mit leichter, schöner Kletterei ab. Zuerst ist der Grat mit Bohrhaken fast schon übersichert, später ist weniger Material zu finden, hier empfiehlt es sich, ein paar Zackenschlingen dabei zu haben. Wir klettern simultan und machen ab und zu Standplatz, um Material zu tauschen. Im zweiten Teil des Grates liegt dann einiges an Schnee, und die nassen, mit Flechten bedeckten Felsen sind erstaunlich rutschig. Die Kletterei ist aber leicht, und der Grat nicht sehr lang, so stehen wir bald im Sattel am westlichen Ende des Grates. 

Chli Krönten, Ostgrat, Tageshochtour, Schweiz
Auf dem Gletscher unterhalb des Krönten

Hier müsste man nun auf der Nordseite zum Firn unterhalb des Krönten hinunterqueren. Bei so viel Schnee wie im Moment liegt, kann man nur knapp erkennen, wo es entlang gehen würde, das Gelände ist ausgesetzt, nicht absicherbar und uns bei diesen Verhältnissen zu heikel. Ausserdem beträgt die Sicht selten mehr als 20-30 Meter. Was nun? Wieder über den Grat zurück zu steigen haben wir keine Lust. So versuchen wir, einen Abstieg in der schuttigen aber schneefreien Südflanke zu finden. In diesem Moment reisst der Wind ein Loch in die Wolken und gibt die Sicht frei auf eine mögliche Querung zum Kröntenfirn auf der Südseite. Das geht dann erstaunlich gut (mit Steigeisen), und wenig später können wir die Firnflanke und den breiten Firnrücken in Richtung Krönten aufsteigen. Der windgepresste Schnee ist anstrengend zu spuren, und einige Male zwingen uns starke Windböen in die Knie - ich habe sogar etwas Angst, das Gleichgewicht zu verlieren. Die Distanz ist aber nicht weit, und um viertel vor zwei stehen wir nach Überwinden des Bergschrundes und Querung der Schuttflanke auf dem Normalweg zum Krönten. 

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Abstieg auf dem Krönten Normalweg, im Hintergrund Gross Spannort

Auf den Gipfel des (Gross) Krönten verzichten wir aufgrund der Verhältnisse und der nichtexistierenden Aussicht. Über Wegspuren steigen wir zur Kröntenlücke ab und gehen von dort bequem über den Glattfirn. Endlich  sehen wieder etwas mehr von den umliegenden Bergen. Am Ende des Gletschers verstauen wir Seil und Gstältli und machen eine kurze Pause. Dann steigen wir weiter ab und kommen um viertel vor vier Kröntenhütte, wo wir uns eine längere Pause gönnen und eine feine Tagessuppe - eine kräftige Bouillon mit Pilzen - essen. Gewärmt und gestärkt nehmen wir denn den restlichen Abstieg auf uns. Diesmal wählen wir den etwas längeren Hüttenweg über Fulensee und Schattigboden. Trotz schönem Weg und herrlichen Herbstfarben zieht sich der Abstieg dahin, die Höhenmeter machen sich bemerkbar. Als wir  kurz nach sieben wieder bei unserem Auto in Erstfeld ankommen, beginnt es einzudunkeln. Müde aber zufrieden fahren wir nach Hause. Mit den heutigen Bedingungen und als Eintagestour hat uns die sonst eher leichte Tour gerade richtig gefordert.


Gipfel:            Chli Krönten
Route: E-Grat (Überschreitung)
Ausgangspunkt:  Erstfeld (alternativ Kröntenhütte)
Höhe: Gipfel: 2910 m, höchster Punkt der Tour ca. 3040m
Schwierigkeit: ZS-, III

Karte/Führer:

1191 Engelberg/SAC Führer Urner Alpen 3