Mit Holmger 17/08/21
Verzögerungen an der Bergbahn zur Aiguille du Midi - ausgerechnet heute wollen sie uns nicht ohne Reservation mitfahren lassen - haben zur Folge, dass wir erst um 10:40 auf dem Glacier du Géant südlich der Petit Flambeau loskommen. Hier lassen wir unsere zweiten Rucksäcke mit den Biwaksachen, um am nächsten Tag zu einer weiteren Tour zu starten. Auf guter Spur stapfen wir im weichen Schnee hoch zum leicht zu überwindenden Bergschrund und deponieren Gletschersachen, Pickel und Stock, während die Steigeisen sicherheitshalber mitkommen.
Auf Wegspuren geht es über Geröll und Schutt; Gehgelände wechselt sich mit Kletterstellen ab. Ein-, zwei davon sind gar nicht mal so leicht (III), hier gibt es aber entweder Fixseile oder Bohrhaken zur Sicherung. Wegen den vielen losen Steinen gehen wir jedoch lieber seilfrei. Bei einigen Passagen muss man wirklich aufpassen, kein Geröll loszutreten, das Gelände ist aber zum Glück weniger steinschlägig als befürchtet. Wir sind noch etwas müde von den Vortagen und die Rucksäcke mit Halbseilen, Cams, Keilen und Exen drücken schwer. So sind wir froh, nach 2h beim eigentlichen Zahn anzukommen.
Ursprünglich hatten wir damit geliebäugelt, die mit 6c bewertete Südostkante zu klettern, doch auf der exponierten Wächte, die zum Einstieg führt, werden wir von einem eisigen Wind empfangen. Zudem würde die Route bald mal Schatten erhalten, sieht ziemlich hart aus, wir fühlen uns nicht top und ist es schon Nachmittag. So entscheiden wir uns für die deutlich leichtere Géant Branché - genau das richtige für heute! Bei dieser Route wie auch beim Normalweg empfiehlt es sich sowieso, nicht allzu früh dran zu sein, da man sonst meist im Schatten klettert. Gleichzeitig mit einer polnischen Dreierseilschaft, die den Normalweg in Angriff nimmt, machen wir uns als letzte des Tages kletterfertig.
Die Géant Branché folgt erst dem mit dicken Tauen versehrten und anstrengend wirkenden Normalweg und biegt dann beim ersten Standplatz deutlich nach rechts ab. Hier ist es nicht so leicht, den einfachsten Routenverlauf zu finden (nicht zu früh von einem Zwischenstandplatz abzweigen!). Es sind jedoch verschiedene Verläufe möglich, so könnte man auch über einen kurzen, abdrängenden Riss (ca. 6a, mit Cams A0 möglich) relativ direkt hinaufklettern. Die vorhandenen Standplätze aus Schlag- und Bohrhaken sowie Schlingen kann man bei Bedarf gut weiter verstärken. Auch in den Seillängen selbst stecken ab und zu Haken, allerdings nicht immer dort, wo sie am ehesten brauchen könnte...
Ab der zweiten Seillänge wird die Wegfindung einfacher - man halte nach der markanten Rissverschneidung Ausschau, welche Genusskletterei vom feinsten bietet! Den Riss benutzen wir nur zum Legen von Sicherungen, denn auf der Platte beziehungsweise an deren Kante befinden sich wie zum Klettern gemachte Leisten und Knubbel - was für ein Fels!
Die folgende Länge hat dann zwei etwas kniffligere Stellen und führt uns aus der Verschneidung heraus zu einem Standplatz unweit der Normalroute.
Die folgende Länge hat es für 5b ganz schön in sich: an feinen, fragil wirkenden Schüppchen sucht man sich den besten Weg durch die Burgener Platten. Ausser dem Zwischenstand gibt es hier kein fixes Material und die Möglichkeiten solide Sicherungen zu legen sind auch eher limitiert. Die Kletterei ist aber sehr schön, und wem die Seillänge zu haarig ist, kann hier auch problemlos auf die Normalroute wechseln, was man am Ende der Seillänge nämlich sowieso muss.
Ab hier verläuft die Route mehr oder weniger auf der Gratkante mit Schwierigkeiten im 3. Grad, so gehen wir simultan an verkürzten Seilen weiter zum Gipfel, wobei zuerst ein Vorgipfel überklettert werden muss. Weiterhin können wir uns über exponierte, leichte, flowige Kraxelei und eine fantastische Rundsicht freuen. Die Griffe sind hier deutlich abgegriffen, aber henklig-gross - einfach ein Genuss!
Nach einem Handshake mit der arg von Blitzen gelöcherten Madonna und einer Rast, bei der wir ausgiebig das Panorama geniessen und zukünftige Tourenideen sammeln, klettern wir wieder zwischen die beiden Gipfel ab, wo sich auf der Südseite (etwas versteckt unterhalb des Vorgipfels) die Abseilpiste befindet. Nach viermaligem, aufgrund der Steilheit unproblematischem Abseilen gelangen wir an den Wandfuss, und von dort in wenigen Schritten durch den Schnee zu Schuhen und Rucksäcken.
Über die Aufstiegsroute geht es wieder zurück, und während langsam der Nebel aufzieht, erreichen wir die Rucksäcke mit dem Biwakmaterial und bauen schnell das Zelt auf, um in den warmen Schlafsäcken Wasser für das Nachtessen und den nächsten Tag zu kochen.
Gipfel: |
Dent du Géant |
Route: | Géant Branché |
Ausgangspunkt: | Bergstation Helbronner oder Rifugio Torino |
Höhe: | 4013 m |
Schwierigkeit: | ZS+, 5b (6a) |
Material: | Gletscherausrüstung, Halbseile, Cams 0.3-2, Keile, Schlingen, 6-8 Exen |
Karte/Führer: |
Mont-Blanc GRANITE vol 4 (JMEditions) |