Mönch (4110 m) – Südwestgrat

Mit Jonas                                                                                                                                                                29/08/24

Mönch, Südwestgrat, Hochtour, Überschreitung, Mönchsjochhütte, Berner Oberland
Morgenstimmung beim Frühstück in der Mönchsjochhütte

Da Jonas und ich unsere Eigerbesteigung als Tagestour unternommen haben, bleibt uns ein Tag für eine weitere Tour. Aufgrund seiner Nähe  und weil Jonas noch nicht oben war, bietet sich der Mönch geradezu als Gipfelziel an. Wir entscheiden uns für einen Aufstieg über den Südwestgrat. Seit meinen zwei Touren über diesen Grat sind bereits elf respektive zehn Jahre vergangen und die Route hat sich unterdessen deutlich verändert. So würde die Tour auch für mich spannend werden.

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Der Felsteil des Südwestgrats im Überblick; der orange Pfeil markiert unseren Übergang über den Bergschrund, der rote den Einstig in die Kletterei.

Wir  frühstücken um 6:30 in der Mönchjochhütte und zotteln anschliessend die Piste abwärts in Richtung Jungfraujoch. Nach einem guten Kilometer seilen wir uns an und montieren Steigeisen um – die Seraczone der Südwand umgehend –  über den Gletscher zum Einstieg auf den Südwestgrat zu gelangen. In einer grossen Linksschlaufe überqueren wir den Bergschrund an geeigneter Stelle und erreichen schliesslich den Kamin, der uns auf den Grat führen soll. 

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Kurz vor dem Bergschrund, der Einstiegskamin rückt näher.
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Jonas kurz nach dem Bergschrund

"Das sieht gar nicht mal so einfach aus", denke ich. Weit oben sehe ich ein Stück Seil, das sich über eine schuttbedeckte Platte erreichen lässt – nur ragt diese Platte wie ein Schiffsbug einen guten Meter über meinem Kopf, und mit meiner Körpergrösse kann ich nicht mal die Kante davon erreichen. Irgendwie fehlen aktuell etwa 2 m Schnee... Ich versuche erst, von rechts an abschüssigen Tritten und Griffen zur Kante zu traversieren, doch mit Bergschuhen ist mir das bei dieser Steilheit zu schwer. Schliesslich würmle ich mich – gemäss dem Motto "Aus Rissen kann man nicht rausfallen,..." – links durch den engen grifflosen Spalt hoch, wobei ich mit meinem Rucksack fast feststecke. Endlich kriege ich die Kante der Platte zu fassen, und nach einigen wackligen Schritten erreiche ich die erste Zwischensicherung. Immer noch nicht ganz geschenkt und leicht brüchig, aber doch klar einfacher und gut mit Bohrhaken abgesichert geht es weiter zum Grateinschnitt. Jonas, der klar grösser ist als ich, meistert den Einstieg, indem er die Kante der Platte fasst und sich daran hochzieht. Auch das braucht viel Kraft und vollen Körpereinsatz. Alles in allem ist der Einstieg auf den Grat klar leichter, wenn mehr Schnee liegt, und wer 4c nicht sicher klettern kann, unternimmt die Tour mit Vorteil eher früh in der Saison. Der knifflige Einstieg hat aber für uns auch sein Gutes, die nachfolgenden Bergsteiger drehen um und abgesehen von einer weit voraus kletternden Seilschaft sind wir ganz allein am Grat.

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Blick nach unten, der Pfeil markiert die beschriebene Kante der Platte, die ich von unten nicht erreichen konnte (auch wenn es hier so aussieht, als könne man vom Schnee direkt auf sie rüber schreiten).
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Nach den ersten Metern wirds leichter, die letzten (steilen) Meter zum Grat sind richtig toll.
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Auf dem Grat angelangt hat man das Schwerste geschafft.

Auf dem Grat angekommen, quert man ein paar Meter auf dessen Nordseite, folgt dann aber nicht allzu lange den (falschen) Spuren in die brüchige Flanke, sondern klettert so bald als möglich auf den Grat zurück. Ab jetzt geht es stets auf oder knapp neben der Kante aufwärts (meist II, Stellen III). Der Gneis ist durchgehend bombenstabil und griffig – einfach wie zum Kraxeln geschaffen! Wir geniessen das flowige, simultane Vorwärtskommen und das tolle warme Wetter. Unterbrochen wir der Fluss kurz durch die nach einem Felsausbruch mit Fixseilen versehene Passage, dann geht es wieder genussreich und kurzweilig weiter.

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Perfekter Fels, ...
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... toller Grat!
Schlüsselstelle Mönch, Südwestgrat, Hochtour, Überschreitung
Auf knapp 4000 m erreichen wir erstmals wieder Firn.

Schliesslich geht der Grat in  in eine Schutt- und Felsflanke über – auch hier würde eine Firnauflage das Vorwärtskommen sicher erleichtern. Aber auch ohne Schnee geht der Anstieg problemlos. Die Wegfindung lässt viel Freiheit, je nach Lust und Laune geht man eher auf Schutt und Wegspuren oder kraxelt in gutem Fels. Meine Beine werden langsam schwer – auf der Tour am Vortag war ich vor lauter Freude an der flowigen Kraxelei etwas schneller gegangen, als ich es mit mein aktuellen Fitnessstand gut wegstecke. Doch wir erwischen eine gute Route zurück zur Gratkante, von wo es nur noch wenige Schritte zum Übergang in die Firnflanke sind.  

Schlüsselstelle Mönch, Südwestgrat, Hochtour, Überschreitung
Über perfekten Trittfirn zum Gipfel

Wir verstauen das Seil (danke Jonas fürs Tragen!) und montieren Steigeisen. In gebührendem Abstand zur Wächte gehen wir auf dem perfekten Trittfirn in Richtung Gipfel, wobei wir tatsächlich eine Steinbockspur kreuzen... Schon fast überraschend plötzlich erreichen wir knapp vier Stunden nachdem wir die  Hütte verlassen haben den Gipfel, den wir nur mit einem sehr entspannten Walliser Bergführer und seinem Gast teilen müssen, die über den Normalweg aufgestiegen sind. Sehr überraschend für diese Jahreszeit ist auch die Spur, die von der Lauperroute her kommt.

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Viel Platz bietet der Gipfel nicht, dafür einen tollen Rundblick.
Schlüsselstelle Mönch, Südwestgrat, Hochtour, Überschreitung
Blick zum Eiger, im Vordergrund links die Spuren von der Lauperroute

Wir geniessen die Aussicht und den Blick auf die gestrige Tour, die man von hier zu einem grossen Teil überblicken kann. Schliesslich steigen wir über den Grat ab, wobei wir das Glück haben, keine aufsteigenden Bergsteiger kreuzen zu müssen. Als der Grat in die hier schon etwas eisige Flanke übergeht, steigen wir ein paar Meter rückwärts ab, können aber weiterhin auf Seilsicherung verzichten und erreichen bei der untersten Sicherungsstange die Felsen. 

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Immer wieder hübsch, dieser Firngrat

Wir verstauen unsere Steigeisen, während der Bergführer und sein Gast ihre Steigeisen zwei dort wartenden Tourengängern ausleihen, die – warum auch immer – keine dabei haben. Eine tolle Geste! Auch der Normalweg ist nicht übermässig überlaufen und wir können sowohl die auf- wie auch die absteigenden Bergsteiger problemlos passieren. Von meinen sechs vorangegangenen Mönchbesteigungen kenne ich den weiteren Abstieg  sehr gut, so kommen wir über den mit ein paar netten Kraxelpassagen gespickten Grat und über Schuttbänder rasch abwärts. Seit dem letztem Mal schon wieder geändert hat sich allerdings die Abseilpiste ganz zum Schluss, die sich nun auf der Aufstiegslinie befindet. Aus Unkenntnis des Zwischenstands seilen wir bis zur Aufstiegsleiter ab und steigen über diese (inkl. etwas mühsamer Seilturnerei ) auf den Gletscher ab. Dank dieser etwas anstrengenderen aber rascheren Variante und den guten Bedingungen brauchen wir für den  gesamten Abstieg nur knapp eine Stunde. Wir gehen zur Piste, um uns vor Steinschlag in Sicherheit zu bringen und verstauen Seil und Klettermaterial. Der Rest ist Formsache und nach einer warmen aber entspannten Zugfahrt gelangen wir sehr zufrieden mit den beiden Tourentagen wieder nach Thun.


Gipfel:            Mönch
Route:

Südwestgrat im Aufstieg, Südarm des Ostgrats (Normalweg) im Abstieg

Ausgangspunkt:  Mönchsjochhütte oder Bergstation Jungfraubahnen
Höhe: 4110 m
Schwierigkeit: ZS+, je nach Schneelage 3c-4c

Karte/Führer:

 

Lötschental 1268/Hochtouren Topoführer Berner Alpen (Silbernagel/Wull-schleger)

Material:

30 m Seil, 6-8 Exen, Zackenschlingen, evtl. 2-3 mittlere Cams