Mit Holmger 21/03/20
Nach einer Nacht im Auto im Parkhaus von Saas Fee und einem fröstelnd eingenommenen Frühstück, bestehend aus feinem Kaffee und kaltem Müesli schultern wir um halb sechs die Ski und marschieren etwa 20 Minuten durchs Dorf, bevor wir auf der Skipiste kurz vor der Talstation Felskinn die Ski anschnallen können. Von hier steigen wir dann meist über die Piste, manchmal auch im Tiefschnee abkürzend, auf. Trotz Schatten wird uns allmählich warm, ein strahlender Tag erwacht und lässt Täschhorn und Dom mächtig erscheinen.
Nach gut 1000 Höhenmeter treffen wir auf eine Gruppe Bahnarbeiter/ Skitüreler, die hier bei einer Liftstation gezeltet hat, und auch im Aufstieg zum Alphubel können wir zwei Tourengänger ausmachen - sonst ist niemand unterwegs. Wir kommen gut voran und machen über 500 Höhenmeter pro Stunde, doch der Rucksack drückt schwer auf unsere Schultern. Neben der üblichen Skitourenausrüstung haben wir ja auch noch Seil, Klettergurt, Eisschrauben, schwere Steigeisen und je zwei Eisgeräte dabei. Ich fühle mich eigentlich fit, bin aber doch etwas überrascht, wie anstrengend die gut 1700 hm zum Einstieg der Nordwand mit diesem Sack sind. Und da, auf etwa 3550 m, geht es ja erst richtig zur Sache!
Wir gönnen uns erstmal eine richtig lange Pause an der Sonne und beschliessen dann, trotz schon fortgeschrittener Müdigkeit in die Wand einzusteigen. Das Wetter und die Verhältnisse sind perfekt, wir sind zeitlich gut dran und die Temperaturen würden jetzt im März auf dieser Höhe genügend tief bleiben, so dass man nicht schon am Mittag wieder zurück sein muss. Und hey - jetzt kommt ja erst der spannende Part! Die restlichen 500 Höhenmeter werden wir schon noch schaffen... Also Steigeisen montieren, Ski und Stöcke auf den Rucksack und los!
Das die ersten Meter sind gleich ganz schön steil... Der Schnee ist tief und dadurch unglaublich anstrengend zu spuren. Andererseits machen es uns diese Verhältnisse technisch leicht - nur für ganz kurz spüren wir hartes Blankeis unter dem Pulverschnee und müssen uns etwas konzentrieren. Nach etwa 100 Höhenmeter wird das Gelände flacher und wir können wieder aufrecht gehen - in perfektem Trittfirn. Obwohl wir immer wieder kurz stehen bleiben müssen, um uns zu erholen, kommen wir gut voran.
Wir seilen uns an, um den Bergschrund zu überwinden, was nicht ganz einfach ist, aber irgendwie gelingt es mir, mich durch den Pulverschnee zu wühlen und mich auf den Firn hoch zu ziehen. Hier gibt es auch gleich perfektes, festes Gletschereis für die Sicherung an Eisschrauben. Für den Rest der Route gehen wir simultan am gestreckten 30 m Seil, immer 1-2 Schrauben zwischen uns, und wechseln die Führung, wenn der Vorsteiger keine Schrauben mehr hat. Die Verhältnisse sind sehr gut - Firn/griffiges Eis zum klettern, regelmässig durchsetzt mit Blankeisstellen zur Eisschraubensicherung. Nur ganz zuletzt treffen wir auf hartes, sprödes Gletschereis, welches schwierig zu klettern ist, deshalb traversiere ich ab hier leicht aufsteigend nach links. Gross ist die Freude, als wir schliesslich müde und fröstelnd beim Erreichen des Hohlaubgrates an die Sonne kommen und realisieren, dass der Gipfel nur noch wenige Schritte entfernt ist!
Auch über die Tatsache, dass wir wenig unterhalb des Gipfels die Ski anschnallen und über den Normalweg abfahren können, freuen wir uns natürlich! Nach einem ausgiebigen Picknick - wir haben noch kaum was gegessen - und Geniessen der herrlichen Aussicht auf etwa die Hälfte der Schweizer Viertausender steigen wir leicht über Wegspuren ab, verstauen die Steigeisen und fahren los.
Die Beine fühlen sich zuerst müde und steif an, dann aber geht es immer besser. In der Abfahrt zum Feejoch gilt es einigen Blankeisstellen und einer Spalte auszuweichen, und auch danach ist Vorsicht angebracht, es laueren einige ziemlich breite und tiefe Spalten. Wir können aber einer alten, noch sichtbaren und gut angelegten Aufstiegspur folgen. Die breite Holzleiter, die im Sommer dazu diente, eine grosse Spalte zu überqueren, müssen wir nicht benutzen.
Wir geniessen noch einige Schwünge in schönem Pulver auf dem spaltenfreien Gletscher, bevor wir dann über die noch perfekt präparierten Pisten ins Tal fahren. Erstaunlich, wie pulvrig der Schnee noch ist - erst ganz zuunterst liegt eine dünne Sulzschicht auf der Piste.
Müde aber sehr zufrieden wandern wir dann durchs Dorf zurück zum Parkplatz, wobei wir es schaffen, uns mehrfach zu verlaufen. Aber was macht das schon nach so einer anstrengenden und fordernden aber äusserst zufrieden stellenden Tour. Allalinhorn Nordwand by fair means!
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