Mit Philipp 12 und 13/05/19
Eine Skitour auf das Brunegghorn hatte ich schon länger im Kopf - die Gelegenheit bietet sich, als wir ein verlängertes Tourenwochenende im Aletschgebiet wegen Schlechtwetter abblasen müssen. Als Zustieg zur momentan unbewarteten Turtmannhütte wählen wir die Route von Mottec im Val d' Anniviers über den Col des Arpettes und das Wängerhorn. Mit der ersten Zugverbindung geht es also von Schlieren nach Mottec, wo wir um 9:38 aus dem Bus steigen. Nun heisst es erstmals Ski buckeln - ich bin überrascht, wie wenig Schnee hier liegt im Verhältnis zur Nordschweiz, aber auch zum nahegelegenen Lötschental. Mit Ski, Gletscherausrüstung, Schlafsack, Kocher und Essen wiegen die Rucksäcke schwer. So sind wir froh, nach fast 700 Höhenmeter zu Fuss kurz vor Le Chiesso endlich die Ski anzuschnallen.
Hier öffnet sich das Gelände, und wir können einen grossen Teil des Weiterweges einblicken. Immer noch aber gehen wir auf einer sehr dünnen Schneeschicht (alles Neuschnee), und die Traverse nach La Remontse erfolgt mehrheitlich über Wachholderbüsche... Dann aber wird es besser, und nach einigen steilen Höhenmeter sowie einer flacheren Passage stehen wir vor dem Schlussanstieg zum Col des Arpettes. Dieser fordert uns dann kräftig, denn der Schnee ist tief und klebt kiloweise an den nassen Fellen....
Auf dem Pass angekommen fallen uns dann aber die knapp 100 verbleibenden Höhenmeter zum Wängerhorn leicht, da der Bergrücken stark abgeblasen ist. Während der Gipfelrast geniessen wir eine grossartige Aussicht zu Bishorn, Brunegghorn, Barrhörnern und ins Berner Oberland, und planen die Abfahrt ins Turtmanntal sowie den Wiederaufstieg zur Hütte. Die steilen Hänge durchs Wängertälli sind cool, hätten aber bei Sulz oder Pulver sicherlich mehr Spass gemacht als beim aktuell schweren Schnee.
Unten angekommen machen wir uns nun schon etwas müde an den Gegenanstieg zur Turtmannhütte, welche wir um etwa halb 5 erreichen. Auf der Webpage wurde von einem Aufenthalt ausserhalb der bewarteten Zeit abgeraten, so sind wir vom grosszügigen Winterraum positiv überrascht. Es hat zwar keinen Holzofen, aber genügend Gas und viele Decken; Kocher und Schlafsäcke hätten wir also nicht mitschleppen müssen. Wir freuen uns insbesondere über das vorhandene Bier, welches wir auf der Terrasse geniessen, während wir auf unsere Abfahrtsspuren zurückblicken. Nach Minestrone als Vorspeise geniessen wir dann Tomatenpolenta mit Landjägern - immer noch draussen an der Sonne.
Am nächsten Morgen starten wir kurz nach 6 bei wolkenlosem Himmel und angenehmen Temperaturen zur Traverse in Richtung Gässi, welche mit Harscheisen leicht und zügig von den Füssen geht. Auch im Gässi liegt perfekter Trittschnee, so dass wir zwar die Ski aufbinden, aber auf Steigeisen verzichten können.
Wieder mit Ski an den Füssen steigen wir über die meist angenehm harte Schneeoberfläche zur Chanzilti auf, wobei die vielen Steinmännchen die Orientierung erleichtern. Mit jeden Höhenmeter wird die Aussicht besser, und wir freuen uns darüber, heute hier sein zu können - und das erst noch ganz allein. Was für ein Luxus! Allerdings bläst nun ein kräftiger Südostwind - einmal weht er mir sogar die Sonnenbrille vom Kopf! Glücklicherweise finde ich sie 100 Meter weiter unten wieder, ich mache mir aber etwas Sorgen um die Windstärke oben am Berg.
Überraschenderweise wird der Wind aber schwächer und ist zuletzt nur noch phasenweise an exponierten Stellen zu spüren. Wir ziehen praktisch gradlinig über den Brunegg Gletscher, bis dieser steiler wird. Dort umgehen wir die Spaltenzone an der am wenigsten steilen Stelle. Was für eine Hochgebirgsstimmung! Mit jeden Schritt können wir mehr von der fotogenen Nordostwand des Weisshorns einblicken.
Da der Sattel blank ist, bleiben wir vorerst noch in der Flanke und ziehen erst auf ca. 3700 m zum Grat hinauf, wo wir Skidepot machen und mit den Steigeisen weiter gehen. Der Fussaufstieg ist problemlos, auch wenn man manchmal einsinkt und die Schritte allmählich schwer werden. Die letzten Meter zum Gipfel sind dann flach und zügig absolviert, so dass wir um 10:30 dort ankommen. Was für eine Aussicht - auch Täschhorn und Dom sehen beeindruckend aus aus dieser Perspektive. Wir zählen mindestens 24 4000er.
Nach einer guten Gipfelrast sind wir schnell zurück beim Skidepot, und auch die Abfahrt über den Brunegg Gletscher geht leicht. Der Schnee bereitet zwar keinen besonderen Genuss, aber immerhin auch keine Mühseligkeiten. Und über die Kulisse gibts wohl nichts zu sagen...
Am Ende des Gletschers ist es dann aber nicht so leicht, das richtige Couloir für die Abfahrt zum Turtmannsee zu finden. Nach etwas hin- und her und einem kleinen Gegenanstieg in grösster Hitze finden wir es aber und rutschen steil aber problemlos darin ab. Die Weiterfahrt zum Stausee wiederum ist leicht zu finden und wir geniessen ein paar schöne Sulzschwünge.
Vom Stausee können wir dann noch auf Schneeresten - zuletzt mehr schlecht als recht - bis zum Parkplatz Vorder Sänntum runter fahren, danach ist endgültig Schluss mit Schnee, und Skibuckeln ist angesagt. Da die Strasse noch geschlossen ist, fährt auch kein Taxi, so warten etwa 13 km langweiliger Fussmarsch auf uns. Kurz vor vier erreichen wir dann erfreut die Bahnstation Oberems und gondeln zufrieden nach Turtmann runter. Leider fährt der nächste Bus zum Bahnhof erst über eine Stunde später - aber auf 20 weitere Minuten wandern kommt es jetzt ja auch nicht mehr drauf an. Und als wir mit Bier, Salat und Chips im Zug sitzen, sind die Mühen vergessen und nur noch die eindrückliche Tour klingt nach.
Route: | von der Turtmannhütte übers Gässi |
Ausgangspunkt: | Turtmannhütte |
Höhe: | 3833 m |
Schwierigkeit: | ZS+ |
Höhenmeter: | ca. 1300 m |
Material: | Skitouren- und Gletscherausrüstung inkl. Steigeisen, evtl. Pickel |
Führer: | SAC-Führer "Die klassischen Skitouren" |