Mit Holmger und Jonas 04/04/21
Das wilde Rosenlauigebiet ist mir von der Tour aufs Wetterhorn noch in bester Erinnerung, und der Wunsch, ein weiteres der drei Wetterhörner - also Rosenhorn oder Mittelhorn - mit den Ski zu besteigen, ist schon länger da. Am Ostersonntag passt dann alles zusammen: Wetter, Bedingungen, die Lust auf eine längere Tour sowie die Möglichkeit, die Anreise am Samstag noch mit Klettern (Holmger und ich) beziehungsweise Langlaufen (mein Bruder Jonas) zu verbinden. Wir übernachten im günstigen und praktischen Hotel Alpina in Innertkirchen, und nach einem am Vorabend bereitgestellten Frühstück inklusive Schoggi- und Hühnerostereiern fahren wir auf fast aperem Strässchen zur Rosenlaui, wo schon reger Betrieb herrscht.
Kurz vor halb sechs - also etwas später als geplant - gehen wir los und gleich mal falsch, da wir uns von den Abfahrtsspuren verleiten lassen ("wo die runterkommen, müssen wir doch auch rauf kommen" denken wir - tun wir aber nicht...). Nachdem wir etwa 100 hm auf den Fellen wieder runtergerutscht sind, geht es es dann am richtigen Ort über das Brüggli und wir sind back on track. Der Schnee ist hart und auch mit Harscheisen nicht ganz einfach zu gehen, zudem wird Holmger immer wieder durch herausspringende Bindungsstopper und Jonas durch einen stets zusammensackenden Teleskopstock gebremst. Über die Steilstufe bei 1600 m tragen die wir Ski für ein paar Meter, danach wird das Gelände flacher und wir kommen vorerst wieder ohne Harscheisen aus.
Wir kramen diese dann wieder hervor, um die steile Moräne zu erklimmen, wobei wir den einen Lawinenkegel zu Fuss überqueren. Danach steigen wir angenehm und direkt in vielen Kehren auf der linken Moränenseite auf. Allerdings wird Jonas nun von nicht mehr klebenden Fellen geplagt. Wiederholtes Trocknen und Klebepads können das Problem aber zum Glück beheben.
Beim Chragen, dem Felsriegel unterhalb des Rosenlauibiwaks (ca. 2250 m) folgen wir den Aufstiegspuren durch das im Aufstiegssinn rechte Couloir. Auf halber Höhe können wir hier nach rechts zwischen den Felsen durch gehen, oder aber in ein paar Schritten zu Fuss direkt im Couloir hinaufstapfen. Nun wird es stets flacher, und die gut eingeschneite Spaltenzone ermöglicht es, auf einer Höhe von 2500m ins Zentrum des Rosenlauigletscher zu traversieren und an seinem Nordwestrand aufzusteigen, was nicht immer möglich ist. Nun kommen wir endlich an die Sonne, verstauen die Harscheisen und essen etwas.
Nach einem Flachstück (es geht sogar leicht abwärts) ist unterhalb des Verbindungsgrates zwischen Mittelhorn und Wellhorn wieder eine steilere Passage zu erklimmen - hier schwitzen wir richtig! Wir gönnen uns vor dem Wellhornsattel noch eine weitere Pause, steigen dann zum Sattel hoch und queren - ein paar Blankeisstellen ausweichend und möglichst die Höhe haltend - auf den Hengsterengletscher.
Nun geht es einfach und zügig vorwärts in Richtung Wettersattel, von wo uns ein frischer Wind entgegen weht. Gleichzeitig tut sich auch eine fantastische Sicht auf den Eiger und die Berner Viertausender auf - insbesondere Schreckhorn und Lauteraarhorn erscheinen imposant. Wir montieren nochmals die Harscheisen und gelangen so zum bequemen Skidepot hinter einer Wächte. Mit Steigeisen geht es dann in perfektem Trittschnee und zuletzt über einfache Felsen zum Gipfel, welchen wir kurz nach 12 erreichen. Trotz zeitraubenden technischen Probleme konnten wir unter der Richtzeit bleiben, und bei den heutigen Bedingungen müssen wir für die Abfahrt auch nicht früher dran sein. Während am Wetterhorn unzählige Bergsteiger auf- und absteigen, geht es hier ruhiger zu und her. Eine Seilschaft kommt noch vom Wetterhorn her, eine weitere überschreitet weiter zum Rosenhorn - die klassische Trilogie.
Auch wenn die Aussicht fantastisch ist bleiben wir nicht allzu lange auf dem Gipfel, denn der Wind ist doch recht frisch. Nach dem Abstieg zum Skidepot geht es in stark gepresstem aber noch recht schön zu fahrenden Schnee hinunter zum Wellhornsattel, wobei wir hoch am Hang traversieren (Achtung Spalten!), um möglichst wenig stöckeln zu müssen.
Für die weitere Abfahrt wählen wir nun die östliche Seite des Rosenlauigletschers, da wir so eine Gegensteigung vermeiden können. Der Schnee ist immer noch mehrheitlich pulvrig, war aber schon mal etwas angetaut worden und ist nun halb gefroren, so braucht jeder Schwung recht viel Kraft. Ich bin fast etwas überrascht, dass diese Kraft trotz den vielen Höhenmetern noch in meinen Beinen steckt und ich mich eigentlich sogar über die Herausforderung freue.
Erstaunlich ist auch, dass der Schnee selbst in tieferen Lagen noch völlig hart gefroren ist. Auf der Suche nach etwas Sulz traversieren wir deshalb auf halber Höhe der Moräne (1960 m) zur weiter westlich verlaufenden Abfahrtsroute. Nun bin ich dran mit technischen Problemen, als ich feststelle, dass sich meine Bindung nicht mehr in der Abfahrtsposition einrasten lässt... So muss ab hier im Aufstiegsmodus "free-heel" weiter abfahren - zum Glück bin ich Langläuferin! Nach ein paar Schwüngen im Sulz folgt eine (eigentlich ganz witzige) "Bobbahnfahrt" durch den Wald, bevor wir dann zufrieden beim Auto ankommen und unserer müden Beine anschliessend beim Bahnhof Meiringen mit Kebab füttern.
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